Das Konzert des Musikvereins Frenkhausen in Meinerzhagen ist mittlerweile für eine Reihe von Angehörigen der DGfMM zu einem Fixpunkt im jährlichen Konzertkalender geworden. Es ist allerdings nicht ganz verständlich, weshalb nicht mehr Mitglieder diesen Termin wahrnehmen, bietet doch das Konzert stets etliche Marschpremieren, also genau das, was die Mehrzahl unserer Mitglieder tatsächlich wünscht. Es kommt als gewichtiger Aspekt hinzu, dass der MV Frenkhausen ohne Abstriche als "befreundeter Verein" zu betrachten ist, denn eine Offen- und Aufgeschlossenheit gegenüber der deutschen Marschtradition, wie sie dort ohne Zweifel vorzufinden ist, findet man heute nur noch bei einer kleinen Anzahl anderer Musikvereine vor. Die beiden Märsche, die in Meinerzhagen erstmals zur Aufführung gelangten, möchte ich an den Beginn der Anmerkungen zu dem Konzert stellen: Es waren dies der elegante 6/8-Marsch "von-Donop-Marsch"" von Arnold Rust, gewidmet seinem Regimentskommandeur vom IR 96 in Gera. Frisch, elegant, geradezu modern und dennoch in bester Marschtradition angesiedelt. Wie die von ihm bekannten (und eingespielten) Märsche einschließlich seines in Großbritannien veröffentlichten Preismarsches "Faithful and Bold" ist auch der "von-Donop-Marsch"" eine jener Kompositionen, bei denen man sich zu Recht fragt, weshalb sie nicht öfters aufgeführt wurden. Das gilt auch für den
"Beaurains-Marsch" von Theodor Gruß, der an einen Schlachtenort des Ersten Weltkriegs erinnert. Gruß erweist sich hier erneut als einer der herausragenden Marschkomponisten der Alten Armee, dem man gleichfalls in Konzerten nur allzu selten begegnet. Das Trio des "Beaurains-Marsches" legt zudem den Schluss nahe, dass der Komponist für das Trio ein damals bekanntes Soldatenlied
verarbeitete. Es war allerdings weder den anwesenden Angehörigen der DGfMM ein Begriff noch anderen Personen, welche mit dieser Frage konfrontiert wurden.
An den Beginn des Konzertes hatte Hauptmann a.D. Norbert Groß, musikalischer Leiter des Musikvereins, den Marsch "Herzog von Braunschweig"" eines unbekannten Komponisten gestellt. Er wurde mit Würde vorgetragen und brachte jene musikalische Qualität zum Leuchten, die HMOI Prof. Hermann Schmidt veranlasste, dieses Stück Ludwig van Beethoven zuzuschreiben.
Wir wissen, dass dies nicht richtig ist, und ein vergleichender Blick auf die Bläserwerke dieses großen Komponisten hätte die Vermutung schnell als unzutreffend erkennen lassen; dennoch ist gerade dieser Marsch -auch ohne Beethoven -eine der wirklichen Perlen deutscher Marschkunst. Als große
Ouvertüre wurde dieses Mal Franz von Suppés "Leichte Kavallerie" geboten. Etwas langsamer vielleicht, als man das Stück in der Regel hört, aber mit feiner Ausarbeitung jener Stellen, über die Amateure und professionelle Musiker zugleich gerne "hinweghudeln"". In dieser Ouvertüre wurde eine neue Qualität der Frenkhausener hörbar: es ist die Klangkultur, die in den vergangenen Jahren
deutlich verbessert werden konnte und ein Aushängeschild ist für diesen in der Oberstufe musizierenden Musikverein. Der niederländische Komponist und Verlagsinhaber Jan de Haan hat es zusammen mit seinem Bruder Jacob in der Vergangenheit verstanden, eine ganze Reihe von überaus ansprechenden
Kompositionen zu schreiben, die sowohl für sie als auch für das Programm ihres Unternehmens sprechen. Dazu gehören neben der absoluten Erfolgskomposition "Oregon"" von Jacob auch Werke wie "La Storia"" und "Music for a Solemnity"" von Jan, in denen er ohne große Bedenken Anleihen
bei großen Vorbildern macht, welche für diese Werke Pate standen, nämlich Ennio Morricone und John Williams. Philip Sparke, der "Angstgegner" etlicher Mitglieder der DGfMM, war dieses Mal sogar gleich zweimal vertreten. Da standen zunächst die ansprechenden "Four Norfolk Dances" auf dem Programm, mit denen der MV Frenkhausen in nur wenigen Tagen sich in einem Wettbewerb der Konkurrenz stellen möchte. Auf der Grundlage englischer Folklore schuf Sparke hier ein ansprechendes (!) zeitgenössisches Werk, das dem Hörer gefällt und die Musiker zum Schwitzen bringt. Weshalb das Stück für einen Wettbewerb ausgewählt wurde, lag mithin auf der Hand. Ähnlich ansprechend ist sein fröhliches"Merry-Go-Round", dessen besonderer Vorzug es ist, die einzelnen Register des Orchesters in ansprechenden und fordernden Passagen herauszustellen. Der Musikverein wurde mit diesen Stücken sicherlich seinem Anspruch gerecht, auch etwas zu bieten zu haben im Bereich der originalen Konzertliteratur. Der Österreicher Thomas Doss gilt allgemein als einer der bedeutenden Komponisten im deutschen Sprachraum, die für das Blasorchester arbeiten. Seine überaus ansprechenden und fordernden Werke sind aus dem Programmen der großen Orchester folglich gar nicht mehr wegzuenken. Frenkhausen brachte von ihm den pfiffigen Marsch ,,Il Briccone", eine überaus geschickte Weiterentwicklung einer italienischen marcia sinfonica, die sich sehen und hören lassen kann - kammermusikalische Elemente im Zusammenspiel mit der italienischen Tradition -ein echter Genuss für den Konzertbesucher. Der unterhaltenden Musik waren etliche Werke zuzuordnen, die noch auf dem Programm des MV Frenkhausen standen. Das war zunächst eine mit viel Einfühlung zusammengestellte Suite aus dem Film "Hook" von John Williams, jenem Komponisten, der die Filmmusik -wieder! -in die Nähe der
Sinfonik brachte, die farbige Bearbeitung des Japaners Naohiro Iwai (Wer vermutet hinter den duftigen Bearbeitungen und Kompositionen von Iwai schon einen älteren Herrn, der bereits 1923 in Tokio geboren wurde?) von George Gershwins Klassiker "Ein Amerikaner in Paris" ("An American in Paris") und schließlich Walter Ratzeks ansprechende Melodienfolge des eher unbekannten Udo Jürgens, die im Übrigen vom Komponisten ausdrücklich gutgeheißen wurde. Es waren gerade solche Werke, die den Besuchern des Abends demonstrierten, dass ein Blasorchester heute Werke der Tradition und Musikschaffen unserer Zeit in gleichem Maße glaubhaft darbieten kann. Der normale Konzertbesucher übersieht leider zu oft, weil er es auch nicht besser weiß, welche Funktionen die Mehrzahl der deutschen Musikvereine auf sozialem Gebiet erfüllen und vor allem
auf musikpädagogischer Ebene leisten. Am eindrucksvollsten zeigt sich das in der Ausbildung und Förderung des musikalischen Nachwuchses. Ein harmloses Stück aus dem Bereich von "Opas Blasmusik", das diese Arbeit belegt und zudem der Mehrzahl der Besucher sehr gefiel, waren die "Zwei kleinen Finken" von Kling. Hier konnten zwei junge Solistinnen des Orchesters, Britta Prüfert und Christin Huperz vorgestellt werden. Der Applaus hat sicherlich nicht nur den beiden Musikerinnen bewiesen, dass ihr Anliegen verstanden wurde.
Da das Konzert als eine Art Eröffnung zum Meinerzhagener Schützenfest gedacht war, bildete der "Meinerzhagener Schützenmarsch" von Friedrich Deisenroth den folgerichtigen Abschluss eines gelungenen Konzertes. Zwei Zugaben -die Märsche "Preußens Gloria" von Gottfried Piefke und
Erikssons "Marsch aus Petersburg" -rundeten als Zugaben den Abend ab. Das Publikum dankte den Musikern mit "standing ovations" und belohnte sie so für zwei Stunden Unterhaltung auf hohem Niveau. Abschließend auch noch Kompliment und Anerkennung für die geistreich-witzige, oft sogar hintergründige, bisweilen politisch aggressive und auch satirische Moderation von Bernd Michels. Diese Art der verbindenden Worte hat sicherlich nicht unerheblichen Anteil am Gelingen eines Konzertes. Michels weist auch immer wieder die Besucher in charmant verschlüsselter Form auf die Tücken mancher Komposition hin, wie sie sich den Musikern gerade in Fassung von Blasorchester bieten. Schließlich soll noch ein Punkt angesprochen werden, der leider immer wieder -und keinesfalls hier alleine -ins Auge fällt. Es handelt sich um die fehlerhaften Programmangaben. Es wurden etliche Namen falsch geschrieben, falsche Vornamen genannt oder weggelassen und schlicht durch das Wort "Herr" ersetzt. Der Respekt vor den Leistungen Dritter sollte es eigentlich gebieten, auch solchen "Nebenkriegsschauplätzen" die gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden.
von Werner Probst